Blogstuff 992
Die maßlose Berichterstattung
zur US-Wahl zeigt nur eins: Wir sind Vasallen, die über den neuen Fürsten
sprechen müssen, der uns ab Januar die Befehle gibt.
Seit etwa zwanzig Jahren war ich
mal wieder im Slumberland. Es hat sich nichts geändert. Ich war mit einem
Freund da, der gerade auf einem Kongress gewesen ist. Dunkler Anzug,
Aktentasche, iPhone. Diese Blicke der anderen Gäste auf uns zwei Boomer –
unbezahlbar. Die Kellnerin hat mich direkt zum Bezahlen aufgefordert, nachdem sie
meine Caipirinha serviert hatte. Toleranz ist in Deutschland Glückssache. Dafür
bin ich 89 nicht auf die Straße gegangen! Wir sind nicht lange geblieben. In
zehn Jahren probiere ich es wieder. Dann werde ich einen bayerischen Trachtenjanker
und eine Krachlederne tragen. „Grüß Gott, ihr linksgrünversifften Zecken.“ (Wir
waren vorher im Berkis um die Ecke essen, sein altes Stammlokal; dafür hat er
eine Einladung ins Restaurant von Tim Raue sausen lassen)
Uli Hoeneß hat noch nie eine SMS
geschrieben. Ich auch nicht. WhatsApp kann ich mit meinem vorsintflutlichen
Hobel sowieso nicht.
Die alten Reflexe gehen nie weg.
Ich wache auf, öffne ein halbes Auge und frage mich: Wie viel Uhr ist es und
welche Termine habe ich heute? Und dann durchströmt mich dieses wohlige Gefühl,
wenn mir einfällt, dass ich gar keine Termine habe und der ganze Tag wie ein
leeres Blatt Papier vor mir liegt. Ein kurzer Moment des Glücks. Man hat dasselbe
Gefühl, wenn man Geld auf der Straße findet.
Was macht eigentlich Heinz
Pralinski? Er macht eine Expedition, bei der ein Casinoschiff vor der Küste von
Wichtelbach gehoben werden soll. An Bord sind Jetons im Wert von zehn Millionen
Euro.
Wegen meiner Leberwerte soll ich
Vitamine nehmen. Der Doc hat mir ein Präparat aufgeschrieben, das ich
allerdings selbst bezahlen muss. B 1, 2, 6, 12 + Folsäure. Obwohl es von
Ratiopharm ist, zahle ich zwanzig Euro für sechzig Kapseln. Bei Edeka zahle ich
für ein vergleichbares Produkt 2,49 für dreißig Kapseln. Und ich bin mit 58 endlich
Doppelherz-Kunde. Kenne ich von meiner Oma. Man darf die Kapseln doch mit Riesling
runterspülen, oder?
Der Doc erzählte mir auch was
von einem Korsakow-Syndrom, das mir drohen würde. Als alter Hypochonder schlage
ich im Lexikon aka Internet nach. Symptome: Antriebslosigkeit und Müdigkeit?
Kenne ich seit meiner Kindheit. Gleichgewichtsstörungen? Kenne ich vom Heimweg
aus der Kneipe. Gedächtnislücken? Der Morgen danach. Starke Gefühlsschwankungen?
Fußball. Alkohol, wo ist dein Stachel?
In den Achtzigern hätte ich mir
das Album blind gekauft. „Songs Of A Lost World“ von The Cure. Jetzt habe ich YouTube. Ich muss nicht hinaus in die
Kälte und ich muss nicht bezahlen. Schon der erste Song „Alone“ ist der Hammer.
Unbedingt den Text lesen (sinnentnehmend hören kann ich englische Texte
merkwürdigerweise nie).