Es
muss spät in der Nacht gewesen sein, als wir beschlossen, in Stefans Wohnung
weiterzumachen. Ich rief meinen Bruder an und sagte ihm, ich würde vermutlich
in dieser Nacht nicht bei ihm schlafen.
Die
Wohnung war nicht weit entfernt in einem fünfstöckigen Haus in der Innenstadt.
Unterwegs versuchten wir, wie in alten Zeiten die Laternen auszutreten, aber
wir hatten leichte Auge-Fuß-Koordinationsprobleme und fielen gelegentlich auf
die Schnauze.
Seine
Zwei-Zimmer-Wohnung bestand in weiten Teilen aus leeren Flaschen, Mülltüten und
Kartons mit Groschenheften, hauptsächlich Perry Rhodan, John Sinclair und Jerry
Cotton. Wir setzten uns an den gekachelten Wohnzimmertisch und machten mit
Wodka weiter.
Als
ich am nächsten Vormittag aufwachte, konnte ich kaum die Augen aufmachen. Das Erste,
was ich sah, war das pausbäckige Mondgesicht von Stefan, der in einem blauen
Bademantel und Adiletten vor mir stand.
„Dein
Kontrabier“, sagte er nur und drückte mir ein Stubbi Bitburger in die Hand.
Ich
trank es noch im Liegen und fühlte gleich, dass es mir besser ging.
Das
Frühstück nahmen wir in der kleinen Küche ein. Ein schmaler Tisch, zwei
Holzstühle und überraschend wenig Geschirr in der Spüle.
Stefan
bemerkte meinen ungläubigen Blick und erklärte: „Ich ernähre mich hauptsächlich
von TK-Gerichten, Döner und Currywurst.“
Er
sagte das mit einem rätselhaften Stolz, so als sei es ihm gelungen, der
lästigen Hausarbeit ein weiteres Schnippchen zu schlagen. Den Müll brachte er
nur einmal im Monat hinunter, wenn die Tonnen gerade geleert worden waren. Mülltrennung
praktizierte er nicht.
Das
Frühstück bestand aus einer Kanne starkem Kaffee, Mett, Zwiebeln und Brötchen
und einem halben Ring Fleischwurst mit Senf. Solchermaßen gestärkt und geradezu
auf Superheldenlevel gebeamt, verlegten wir den Ort unserer Aktivität wieder
ins Wohnzimmer.
Stefan
hatte immer noch seine alte Anlage von Technics, die offenbar noch tadellos
funktionierte. Damals haben die Japaner noch HiFi für die Ewigkeit gebaut. Wir
hörten Manfred Mann, Rainbow und Peter Maffay.
Mein
Gastgeber trug freudestrahlend eine Flasche Obstler und zwei winzige Gläser herein.
„Von meinem Onkel Erich selbst gebrannt. Nur Obst aus der Region.“
Der
Rest des zweiten Tages liegt etwas im Dunkeln. Ich erinnere mich an eine Pizza
von der Größe eines Fahrradreifens, die ein Lieferfahrer vorbeibrachte. Viele
Stubbis, laute Musik und später irgendwelche Bruce-Lee-Filme auf Betamax. Das
letzte Bild: Stefan im Sessel, mit der Ruhe einer Schlammkröte an der kleinen
Bierflasche saugend, ohne den Blick vom Bildschirm zu lassen.
Fortsetzung folgt