Das schönste EM-Spiel war das
Halbfinale Deutschland-Türkei 2008. Wir haben es in einer Kreuzberger Kneipe
gesehen. Deutsche und türkische Fans zusammen, aber an verschiedenen Tischen.
Dazu gab es einen Tisch mit linksalternativen Biodeutschen, die aber für die
Türkei waren. Die waren uns allen peinlich. Ein wahnsinnig spannendes Spiel,
bei dem man nicht wusste, wer es am Ende gewinnen würde. Deutschland gewann
schließlich 3:2 durch ein Tor von Lahm in der 90. Minute.
Nach dem Spiel waren wir alle so
aufgekratzt, dass niemand nach Hause gehen wollte. Alle waren on fire. Also
sind wir, Deutsche und Türken zusammen, mit der U-Bahn zum Ku’damm gefahren, wo
schon Tausende andere gefeiert haben. Es war eigentlich egal, wer gewonnen oder
verloren hatte. Partytime. Die Türken haben gesagt, dass sie im Finale für
Deutschland wären. Das ist wahre Größe. Der Verlierer drückt dem Gewinner die
Daumen. Dieser Abend war ein magischer Moment. Man wusste ganz genau, warum man
Fußballfan geworden ist und es sein ganzes Leben lang bleiben wird. Natürlich
haben wir das Endspiel gegen Spanien vermasselt.
Und es gibt eben auch trostlose
Spiele wie das 0:0 gegen Polen bei der EM 2016. Ich hätte genauso gut bei Regen
zwei Stunden aus dem Fenster sehen können. Danach habe ich mich ernsthaft
gefragt, warum ich überhaupt Fußball gucke. Ich habe mir die Sinnfrage
gestellt. Schlimmer geht es nicht mehr.
P.S.: Gestern (D – CH) schon zu
neunt, nur noch zwei ohne Trikot. Erst haben wir im Garten gegrillt, dann sind
wir ins Wohnzimmer umgezogen. Einer musste tatsächlich den Stehplatz nehmen. Der
Schwiegersohn der beiden Gastgeber ist freiwilliger Helfer und musste mit Harry
Kane zur Urinprobe. Da man den ausgewählten Spieler nicht mehr aus den Augen
lassen darf, ging er mit in die Mannschaftskabine, wo Prinz William gerade eine
Ansprache hielt. Solche Geschichten werden bei uns auf dem Dorf noch in dreißig
Jahren am Lagerfeuer erzählt. Der Vater eines Gastes war früher der Gärtner von
Helmut Schön. Wahnsinn! Ich halte Sie auf dem Laufenden.