Ich
war für ein paar Tage in die Stadt meiner Jugend zurückgekehrt, in eine Stadt,
die nicht mehr existierte. Viele Gebäude waren abgerissen worden, die Fabrik,
die Post und das Kino. Die wenigen alten Gebäude aus ockerfarbenem Sandstein,
der aus dem nahegelegenen Steinbruch stammte, wirkten zwischen den
gesichtslosen würfelförmigen Neubauten verloren. Als hätte man sie beim Abriss
der alten Stadt vergessen. Der Plattenladen, die Disco, die Stammkneipe. Nichts
davon hatte überlebt. In der neuen Fußgängerzone sah ich nur in fremde
Gesichter.
Es war
ein sonniger Frühlingstag und so schlenderte ich ein wenig durch etwas, das
rein geographisch einmal meine Heimat gewesen ist. In einer schmalen
Seitenstraße kurz vor dem Bahnhof entdeckte ich die Ferengi-Bar, das letzte
Relikt der längst vergangenen Jugendtage. Ich beschloss, auf ein Bier und einen
Korn oder vielleicht zwei Bier und zwei Korn hineinzugehen.
Es war
früher Nachmittag und nicht viel los. Die Bar ist eine düstere Höhle mit
nikotingelben Vorhängen und vor Schmutz blinden Scheiben. Ich brauchte eine
Weile, um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Es hatte sich nichts verändert.
Dieselben sechs oder sieben Holztische, die lange Theke, hinter der tatsächlich
Lars stand, der inzwischen grau und adipös gewordene Wirt. An einem Tisch waren
ein paar Jugendliche versammelt, die nach der Schule einen kleinen
Zwischenstopp eingelegt hatten, und an einem Tisch hinten in der Ecke saß
Stefan.
Mein
alter Saufkumpan Stefan. Er las in einem zerfledderten Jerry-Cotton-Heft und
hat ein halbvolles Glas Cola-Schoppen vor sich. Ich bestellte ein Bier und
einen Korn und schlenderte zu ihm hinüber. Er sah nicht auf. Erst als ich mit
der Faust auf den Tisch klopfte, blickte er hoch.
„Na,
kennste mich noch?“ fragte ich ihn grinsend.
Er
schüttelte verständnislos den Kopf.
„Thorsten.
Wir haben hier früher öfter mal einen zusammen getrunken.“
Da
hellte sich sein Gesicht auf. „Auch du liebe Zeit. Du hast dich ganz schön
verändert.“
„Ist
ja auch schon ein paar Jahrzehnte her. Darf ich mich setzen?“
„Klar.
Wo lebst du inzwischen?“
„Berlin.“
„Wie
originell.“
„Naja,
damals war es das.“
Als
mein Bier und mein Korn kamen, schwelgten wir schon in Erinnerungen.
Überraschend viele Freunde und Bekannte waren schon tot. Aber nicht an
Leberzirrhose oder einer Überdosis H gestorben, sondern hauptsächlich an
Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Ein bisschen Krebs war auch dabei.
Fortsetzung folgt